- Generation Y
- Fotografiestudentin Mari
Jahrgang 1987
- Wir Japaner haben mehr Geduld als die Deutschen. Wenn man zum Beispiel aus dem Zug aussteigt, warten wir lieber bis alle Fahrgäste ausgestiegen sind, aber hier ist das ein bisschen anders. Also hier drängelt man sich ganz oft vor, man steht vor der Tür direkt und es ist egal, dass die Leute noch nicht ausgestiegen sind.
- November 2015
- WAS WAR FÜR DICH DER GRUND, NACH DEUTSCHLAND ZU ZIEHEN?
- Im Jahr 2005 war ich das erste Mal in Deutschland und seit Oktober 2012 lebe ich hier. Mein Bruder hatte damals an einem Deutsch-Japanischen-Jugendaustausch teilgenommen, dadurch habe ich mich auch für Deutschland und die Sprache Deutsch interessiert. Dann bin ich im nächsten Jahr selbst mit dem Austausch nach Deutschland gekommen. Da konnte ich kaum Deutsch, das fand ich schade – ich wollte mich einfach mit den Deutschen in deren Muttersprache unterhalten können und habe dann langsam angefangen, die Sprache zu lernen. Zurück in Japan wollte ich dann einen Grund finden, wieder nach Deutschland zu kommen, da bin ich dann auf die Fotografie gestoßen. Dieses Mal habe ich alles vorbereitet, natürlich habe ich schon vorher geschaut, wo ich schlafen kann oder wo ich Deutsch lerne, wo ich studieren könnte und wo ich mich bewerben muss.
- WIE HAT SICH DEIN INTERESSE FÜR FOTOGRAFIE ENTWICKELT?
- In Japan habe ich schon in einem Fotostudio gearbeitet, was auch irgendwie ein Zufall war. Ich hatte mich für die Fotografie interessiert und ich wollte auch als Fotografin, als selbstständige Fotografin, leben. Dann habe ich eine Gelegenheit gesucht, wo ich Fotografie lernen kann in Japan. Ich habe dann einen Fotografen kennengelernt und bei ihm so eine Art Ausbildung über zwei Jahre gemacht. Als ich damit angefangen habe richtig Fotografie zu lernen, hatte ich schon die Idee nach Deutschland zu kommen, weil ich mir ziemlich sicher war, dass man hier Fotografie studieren kann und dann habe ich nachgeschaut und die FH Dortmund gefunden. Mit der Ausbildung war ich dann irgendwann fertig und dann bin ich ab nach Deutschland.
- BIST DU FROH HIER ZU LEBEN ODER BEREUST DU DEINE ENTSCHEIDUNG?
- Auf jeden Fall froh, weil ich mich hier einfach wohlfühle. Ich habe hier ein zweites Leben angefangen, sozusagen. Hier kann man lockerer leben als in Japan. Ich mag meine Heimat natürlich gerne, aber hier gibt es was, was es in Japan nicht gibt. In Japan muss ich zum Beispiel immer darauf achten, was die anderen Leute bei einer Diskussion über mich denken. Also die ganze Zeit muss man an die anderen Leute denken, das heißt ich muss auch aufpassen, ob ich gut angezogen bin oder… schwer zu sagen. Es gibt ein paar Regeln, das ist kein Gesetz, aber man soll das machen; im Zug sollte man zum Beispiel nicht telefonieren. Benimmregeln gibt es ganz viele und da das Land eine Insel ist, sind die Leute, das ist nicht negativ gemeint, konservativer. Es ist nicht so einfach ins Ausland zu gehen, aber wenn man im Ausland lebt merkt man schon, dass die Leute, die Familie und die Freunde, auch so sind, da merke ich, dass ich mich geändert habe. Deswegen und da ich mich hier wohlfühle, fühle ich mich dann in der Heimat teilweise nicht mehr so wohl.
- WER IST DIE WICHTIGSTE PERSON IN DEINEM LEBEN?
- Meine Mutter. Also mein Vater ist gestorben, als ich drei war und sie hat meinen Bruder und mich allein erzogen. Ich glaube mein Lebensziel ist es, dass ich ihr Freude mache, denn wenn sie glücklich ist, bin ich auch glücklich. Als Kind war ich nicht so ein artiges Kind, in der Pubertät war das sehr schlimm, ich habe mich immer gestritten mit meiner Mama, deshalb möchte ich ihr jetzt etwas zurückgeben und das wieder gut machen. Sie war letztes Jahr hier und da habe ich ihr die Gruppenausstellung von der FH und das Leben hier gezeigt und ihr beim Einkaufen und der Reise geholfen. Das war ein Schritt, da konnte ich ihr eine Freude machen.
- WAS WAR ALS KIND DEIN TRAUMBERUF?
- Unterschiedlich… ich glaube Tier-Therapeutin. Es gibt Therapien für Menschen, die depressiv sind, bei denen Tiere helfen können, um dem entgegenzuwirken. Ich bin damals viel geritten, da bin ich auf die Idee gekommen, sowas zu studieren oder so eine Ausbildung zu machen, aber leider kann man in Japan sowas gar nicht machen. Deswegen habe ich Kindererziehung studiert und bin dann später Kinderfotografin geworden, was Spaß macht, da ich Kinder mag – sie sind einfach lustig und machen mir Freude.
- WELCHES ZIEL MÖCHTEST DU IM LEBEN ERREICHEN?
- Als Fotografin zu arbeiten. Ich möchte gerne etwas machen, was keiner bisher gemacht hat. Wenn ich hier meinen Plan verwirklichen kann, also hier Kinderfotografin für Japaner zu werden, dann ist es auch schon was, weil keiner sowas hier bisher gemacht hat. Im Moment ist das das Ziel, aber wenn das Ziel erreicht ist, also wenn ich den Plan verwirklicht habe, dann habe ich bestimmt was anderes vor.
- WO SIEHST DU DICH IN DER ZUKUNFT?
- Hoffentlich arbeite ich dann einigermaßen erfolgreich als Fotografin in Deutschland. Ich möchte gerne auch in Japan arbeiten, zum Beispiel die Bilder von Deutschland in Japan verkaufen.
Privat… das weiß ich gar nicht. Heiraten oder so? Nee. Nein schlimm. Sowas im Voraus zu planen… Kinder haben… im Moment habe ich kein großes Interesse an Familie und eigenen Kindern.
- BIST DU MIT DEINEM LEBEN ZURZEIT ZUFRIEDEN?
- Ja, weil es bisher so gelaufen ist, wie ich es geplant hatte, deshalb. Ich habe mir schon lange gewünscht, in Deutschland zu sein und hier zu leben – jetzt lebe und studiere ich hier und mit dem Studium bin ich auch fast schon fertig. Hier habe ich auch Freunde und in der Heimat meine Familie und Freunde. In den zwei Ländern zu leben, das finde ich ganz angenehm.